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Warum (Wie) ich Vegetarierin (geworden) bin

Für mich ist es eigentlich kein Thema, über das ich eine Notwendigkeit empfinde, mich zu erklären; und doch werde ich immer wieder gefragt, auch von meinem Sohn: “Warum isst du eigentlich kein Fleisch”? “Warum bist du Vegetarierin?” Für alle, die sich mit dieser Fragestellung in irgendeiner Form beschäftigen, mag meine persönliche Schilderung in diesem Blog vielleicht eine hilfreiche Antwort sein.

Schubladen-Denken

Mein schlauer heranwachsender Sohn möchte oftmals wissen, ob ich auch dies und jenes bin, zum Beispiel so ein Gutmensch, ein Hippie, pro oder contra Migration, grün oder blau, Feministin, … Und wenn er meint, er hat eine Schublade entdeckt, will sie ordentlich ergründet, begründet und analysiert werden. Jedenfalls erscheint mir, auch ihm missfällt Schubladen-Denken, immerhin. So kommen dann bei seinen investigativen Fragestellungen zu meinem von ihm begutachteten Speiseplan Fragen wie: “Tust du das aus einem bestimmten Bewegungs-Denken heraus, etwa, um gegen etwas zu demonstrieren, etwa die Massentierhaltung?” Er ist erleichtert, wenn ich dies verneine und dann schon wieder weniger interessiert an meiner eigentlichen von ihm gerade noch ergründen wollender Motivation, denn es erscheint ihm dann schon wieder echt und authentisch und das … reicht ihm. Die genaue Begründung erspare ich ihm, sowie auch sonst meiner Umwelt. Warum? Wer es nicht genau wissen will, dem werde ich meine Einstellung, meine Meinung nicht aufbinden. Einerseits will ich niemanden zu irgendwas überzeugen/belehren. Danach lebe ich grundsätzlich. Andererseits will ich nicht im falschen Licht scheinen. Denn wenn man eine gewisse Haltung erklären will/muss/sollte, mag es gewissermaßen so erscheinen, als ob man eben jemanden überzeugen will. Anders zu sein wird oft mit Eitelkeit, Eingebildet oder Abgehobenheit verwechselt. Dieses Erscheinen erfährt man, wenn man sein Anderssein aufbindet. Das erspare ich mir gerne. 🙂 Wer diesen Text hier zufällig findet, der versteht mit Sicherheit auch folgende Zeilen.

Ich & Essen allgemein

Ich bin kein Mensch, dem Essen wichtig ist. Das war schon immer so. Jeder hat andere Motivatoren in seinem Leben, Essen zählt jedenfalls nicht zu meinen. Das heißt nicht, dass ich gänzlich kein Ess-Genussmensch bin. Das heißt, dass ich eher wenig esse. Und in logischer Konsequenz esse ich das, was ich esse, auch eher sehr bewusst gewählt. Ich höre auf meinen Körper und führe ihm das zu, was er braucht. Das, was ich esse, genieße ich. Und in manchen hormonbedingten Phasen esse ich auch total mit Heißhunger Schokolade, Eis oder einfach viel.

Sind es nicht gerade diese Phasen, so essen ich zu etwa 60% vegan und zu 40% vegetarisch. Am liebsten sind mir Gemüse (in jeglicher Form), Suppen und Salate.

Wie alles begann

Glaube

Begonnen hat sicher alles damit, dass ich mich eines Tages, in eher sehr jungen Jahren, dem Buddhismus zuwandte. Damals war ich 19 Jahre jung und ich habe mich, weil ich mich daran fand, seither auch nie mehr davon abgewandt. So vergingen mittlerweile fast zwei Jahrzehnte, in denen diverse buddhistische Einstellungen meinen Geist durchfluteten.

Kindheit

Wenn ich so zurückdenke, an meine Kindheit, an mein Heranwachsen, war ich nie die “Fleischtigerin”. Fleisch und Fleischprodukte habe ich sehr wohl gegessen, aber eher total unbewusst, als Mitläuferin und konditioniert. Ich hinterfragte nicht, warum es was gab und aß, was es eben gab. So aß ich sowohl Omas Schweinebraten, als auch die “Hendlhaxn” beim Grillen und die Wurstsemmel als Jause in der Schule.

Die eigene Küche

Als ich selber, ebenso sehr jung mit 19 Jahren, meinen Haushalt führte und schwanger war, wurde natürlich gesunde Ernährung bzw. das bewusste Zuführen bestimmter gesunder Lebensmittel immer wichtiger. Ich aß auch in der Schwangerschaft noch immer Fleisch und auch mein Sohn aß ab vier Monaten Fleisch-Brei, der schmeckte ihm nämlich, im Gegensatz zum Apfelmus. 😀 So kochte ich noch immer Fleisch-Gerichte. Dass mir das Schneiden und Zubereiten des Fleisches alles andere als Spaß und Freude bereitete, glich das Kochen aus Liebe für meine geliebten Mitmenschen wieder aus. Dass mein Anteil am Fleisch bei diesen Gerichten, den ich verzehrte, immer weniger wurde, bemerkte ich lange nicht. Dass längst eine Käsesemmel meine bevorzugte Variante zur Wurstsemmel geworden war, war mir ebenso nicht in dem Sinne bewusst, dass ich schon lange auf dem Weg zur Vegetarierin war.

Im Laufe der Zeit

Ich erinnere mich heute noch jedoch an einen bestimmten Tag, als ich meinem Sohn beim Mittagessen gegenüber saß und es meine Lieblingsgericht aus Kindheitstagen gab: Rahmschnitzel. Mittlerweile war es längst auch eines seiner Lieblings(mama)gerichte. Mein Sohn aß genüßlich und vertilgte ein Schnitzel nach dem anderen, während mir auffiel, dass ich mir gar kein Stück Fleisch auf meinen Teller gegeben hatte. Ich genoss hingegen Kartoffel mit Sauce und Salat. Als mir dies so richtig bewusst wurde, reflektierte ich diese Vorgehensweise still während unserer Mahlzeit. Hier wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass ich mich sukzessive unbewusst vom eigenen Fleischkonsum schon seit vielen Jahren abgewandt hatte. Dass ich im Restaurant schon lange kein Fleischgericht mehr bestellt hatte, sondern wenn, dann nur Fisch. Es gab somit keinen Tag, keinen Moment, an dem ich bewusst beschloss, Vegetarierin zu werden, sondern diese Einstellung/diese Lebensweise stellte sich bei mir einfach ein. Längst waren meine Lieblingsgerichte sehr einfache geworden, vor allem gedünstetes Gemüse in jeglicher Form war meine hellste Freude.

Und dann war es einfach so

Nach fünf Jahren des unbewussten “Fleisch-Ausschleichens” war nun schon ein Jahr vergangen, da ich selber zum letzten Mal Fleisch gegessen hatte und mittlerweile war mir auch ganz bewusst, dass ich jetzt eben Vegetarierin bin. Es war angenehm, aber noch nicht gänzlich stimmig; denn ich bemerkte in diesem ersten Jahr der völligen Abstinenz, dass mich ab und zu ein Guster auf richtige Fleischmahlzeiten überkam. Ich wusste, dass es falsch ist, mit Anstrengung dagegenzuhalten, nicht stimmig. Es ist nicht stimmig, sich vegetarisch zu essen, wenn man eigentlich gar nicht will. #notrend So passierte es zweimal, dass ich diesem Verlangen ganz bewusst nachging und einmal einen Hamburger bestellte und circa ein Monat später gegrillte Tintenfische (ein ehemaliges Lieblingsgericht aus meiner “Fleisch-Vergangenheit”). Den Burger verspeiste ich in Windeseile voller Gier. Was folgte war ein einige Tage anhaltendes Unwohlbefinden. Nicht körperlicher Natur mit etwaigen körperlichen Symptomen, sondern viel mehr spürte ich ganz bewusst, dass etwas bei mir war, das nicht mehr zu mir passte. Im Restaurant zur jährlichen Zeugnisfeier beim Griechen bestellte ich dann die Calamari. Ich reflektiere mich immer selber gerne und überprüfe auch gerne meine eigenen Handlungen, Denkweisen etc. Ich schaffte genau zwei Calamari zu essen, dann schob ich das Teller zur Seite. Es ging einfach nicht mehr.

Heute

Mittlerweile sind zwei Jahre seit diesem letzten Biss vergangen und es geht nun absolut nicht mehr. Ich will und kann kein Fleisch(produkt) mehr in meinem Mund haben, geschweige denn daraufbeißen und hinunterschlucken. Jedoch nicht, weil mir graust. Warum, dazu mehr im nächsten Absatz.

Jegliche Gier nach Gerichten, die somit nun total für mich “tabu” sind, ist verschwunden. Es geht mir nichts ab und das, was ich mag, das, was mir schmeckt, erfüllt sowohl meinen Gaumen, als auch meinen Körper. Ich nehme keinerlei Nahrungsergänzungsmittel und meine Blutbilder bei den jährlichen Kontrollen sind zur gänzlichen Zufriedenheit meiner Hausärztin. Ich scheue keine Einladungen zum Schweinsbraten, denn die “Beilagen” erfüllen mich ebenso ganz. Ich gehe auch in ganz normale Restaurants, denn irgendwas finde ich immer, das mir auch schmeckt. 🙂

Hintergründe

Ich habe schon erwähnt, dass buddhistische Lebenseinstellungen sehr früh in meinem Leben zu meinen wurden. Einer der Hauptaspekte dieser Einstellungen ist Mitgefühl. Mein Mitgefühl ist auf einer Stufe präsent, dass es nichts ist, das ich abrufen, aufrufen, aktivieren müsste, es ist einfach da und durchflutet alle meine Gedanken, Gefühle und zwischenmenschlichen Begegnungen. (Oftmals muss ich Mitgefühl bewusst “pausieren”, um gewisse Alltagssituationen zu meistern. Und natürlich gibt es auch sehr egobehaftete Situationen, in denen mein Ego und mein Mitgefühl miteinander ringen). Wenn ich heute auf ein Stück Fleisch beißen würde, wäre ich sofort und unmittelbar ohne zeitliche Verzögerung mit dem Tier verbunden, von dem dieses Stück stammt. Das heißt nicht, dass ich hellsichtig sehen könnte, wie dieses Tier etwa konstituiert gewesen ist, das heißt, dass es für mich wäre, als ob ich diesem Tier dieses Stück selber entrissen hätte, es somit verletzt hätte und in Folge davon verzehre. Ich ver- und beurteile niemanden, der Fleisch isst (nach etwa meiner diesbezüglichen Wahrnehmung), doch ich für mich kann keine Differenzierung und keine Dualität in dieser Hinsicht mehr erschaffen. Wenn ich Fleisch essen würde (wie beim zuletzt beschriebenen Mal), fühle ich mich nicht nur körperlich, sondern auch seelisch geprägt. Seelisch auf einer Weise, die nicht mehr mit meiner Weise zusammenpasst. Betonen möchte ich, dass ich kein Fleisch esse, weil es etwa im Buddhismus verboten wäre. Es ist nicht verboten.

Früher, als ich zum Beispiel sehr gerne Meeresfrüchte aß, empfand ich keinerlei weiteren schlimmeren Empfindungen, wenn ich einen Hummer im Aquarium in der Nähe der Herdplatte eines Restaurants sah. Es war zu meinem damaligen Bewusstsein einfach stimmig. Wenn ich so ein Gericht gerne esse, dann ist so ein Bild auch dazu ursächlich kausal normal. Heute muss ich solche Plätze meiden, denn ich fühle mich als Mittäterin, wenn ich – was natürlich nicht möglich ist – dieses Tier nicht aus diesem Aquarium vor der Tötung rette. Ich fühle mich, ganz ehrlich, schrecklich und könnte weinen. Es macht für mich keinen Unterschied mehr, wer, welche Art von Lebewesen, in diesem Aquarium gefangensitzt. Es ist ein Lebewesen, es ist gefangen, zum Teil gefesselt, erfährt Schmerzen, wenn es lebendig ins heiße Wasser geworfen wird und getötet wird.

Versteh mich bitte nicht falsch: Niemals würde ich an irgendeiner Protestaktion für Vegetarismus teilnehmen. Ich renne auch nicht rum und schau, wen oder was ich retten kann. Ich bin bei mir und handle, was mein Teller betrifft, kongruent.

Stimmigkeit

Für mich stellen Liebe und Mitgefühl eine allgemeine, eine universelle Religion dar. Man braucht dafür keine Tempel und keine Kirche, ja nicht einmal unbedingt einen Glauben, wenn man einfach nur versucht, ein menschliches Wesen zu sein mit einem warmen Herzen und einem Lächeln, das genügt. (Dalai Lama)

Ich verurteile niemanden, der Tiere im Rahmen eines Gerichtes lediglich als Nahrung ansieht und nicht, wie ich, als Lebewesen, die mit uns zusammen die Erde und das Leben teilen. Ich fühle mich deshalb weder als etwas Besseres noch sonst etwas. Was zählt, ist, dass es stimmig ist. Für meinen Sohn zum Beispiel ist sein Fleischverzehr stimmig, er isst nicht mit diesem Bewusstsein. Für mich ist es stimmig, dass ich mit meinem Bewusstsein nicht Fleisch esse. Stimmig zu handeln ist das, worum es geht und auch das, was letztendlich auf allen Ebenen der Gesundheit dienlich ist. Lange habe ich noch aus Liebe zu meiner Oma das eine oder andere Stück verspeist und hatte danach, wie schon geschildert, mind. zwei Tage mit den Nachwirkungen von dieser für mich unstimmigen Mahlzeit unangenehm zu kämpfen.

Ich erinnere mich noch heute an meine 25 Jahre meines Lebens, die ich mich Fleisch-Konsum verbracht habe, ich erinnere mich, wie die Mahlzeiten und verschiedenen Zubereitungen und Fleischgerichte schmecken und ich spüre, dass auch noch viel davon in meinen Zellen ist. Ich freue mich, wenn es nicht mehr so sein wird.

Jeder in seinem Tempo, jeder in seiner Entwicklung.

Wer dies liest, versteht vielleicht, warum ich niemanden genau erkläre – außer jemand fragt ganz genau – warum ich kein Fleisch mehr esse. Auch, weil ich nicht A oder B bin. Ich versuche lediglich, für mich stimmig zu handeln.

Dieses Kind würde es auf jeden Fall verstehen:

Liebe Grüße! 🙂

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